Der Hamburger Cartoon- und Comiczeichner Nils Oskamp hält bundesweit Vorträge, Ausstellungen und Workshops. Das Besondere ist dabei, dass er nicht irgendeine Fantasiegeschichte oder Heldenerzählungen wie „Bat-Man“ zu Papier gebracht hat sondern seine ganz persönliche Geschichte erzählt, nämlich seine Erlebnisse aus seiner Schulzeit in den 1980er Jahren.
Er kam in gefährliche Konflikte mit einer aggressiven Minderheit an ausländerfeindlichen und gewalttätigen Jugendlichen und organisierten Gruppen von Neo-Nazis, die zudem die Geschichte des 2. Weltkriegs und seiner Greuel leugneten. Am 6. Juni folgte Nils Oskamp der Einladung des Kunstlehrers Wolfgang Neumann an die Jörg-Ratgeb-Schule Neugereut und stellte 90 Minuten lang in einem eindringlichen und unterhaltsam moderierten Bildvortrag diese Geschichte als Lesung vor.
Dabei wurde nicht vergessen ein Bild der damaligen Situation zu zeigen, als es in Dortmund viel Arbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit gab, was auch Einfluss auf die Radikalisierung der Jugendlichen hatte. Auch Lehrer und Behörden unterstützten ihn oft nicht, selbst als er mit massiven Verletzungen im Krankenhaus landete. Der Titel „Drei Steine“ bezieht sich auf die jüdische Tradition, Steine zum Gedenken auf Gräbern niederzulegen. In der Geschichte von Nils Oskamp kommt den drei Steinen, die er von einem jüdischen Friedhof aufnahm, eine symbolische Bedeutung zu: Mit dem ersten Stein verteidigt er sich bei einem Angriff durch Neonazis. Den zweiten Stein nimmt er als Waffe auf, setzt ihn jedoch nicht ein und verweigert sich so der anziehenden Spirale der Gewalt. Für Oskamp ist dabei das Gebot „Du sollst nicht töten“ zentral. Den dritten Stein legt er im Epilog der Geschichte in der Gedenkstätte Yad Vashem (Israel) ab und gibt ihm so seine Bedeutung der Erinnerung zurück. Immer wieder schlug Oskamp den Bogen von den alten Naziverbrechen auch in unsere Zeit. Er erinnerte daran, dass rechtsradikale Gewalt seit der Wiedervereinigung schon viele Todesopfer gefordert hat (Anm.: Nach Recherchen von Tagesspiegel und Zeit online mindestens 169 Opfer).
Oskamps Geschichte beeindruckte die Schülerinnen und Schüler aber auch durch die ausdrucksvollen Zeichnungen stark, was auch in der Fragerunde zum Ausdruck kam. Comic gilt heute als eine eigene und zunehmend gängige Gattung in der Literatur und wird, bei solchen auch historischen und ernsthaften Geschichten, als „Graphic Novel“ bezeichnet: Ein „Bildroman“. Für eine Auswahl an Schülerinnen und Schülern ergab sich nachmittags noch die Chance Nils Oskamp unmittelbar zu erleben und an einem Cartoon-Workshop teilzunehmen. Hier stieß er auf großes Interesse, aber auch auf besonders begabte Kunst-Talente, mit denen er – soviel konnte er versprechen – noch weiteren Kontakt halten möchte. Oskamp verabschiedete sich nach einer runden Veranstaltung. Er hatte noch Erledigungen bei seinem Stuttgarter Verlag Panini auf dem Programm, denn sein Buch soll in Bälde in der Region in einer Ausstellung (Böblingen) zu sehen sein und eine französische Version von „Drei Steine“ ist ebenfalls in Vorbereitung.
Die Jörg-Ratgeb-Schule dankt ganz herzlich den Förderern, die die Veranstaltungen möglich gemacht haben:
Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V.
Jugendstiftung Baden-Württemberg
Förderverein der Jörg-Ratgeb-Schule Neugereut
Elternbeirat der Jörg-Ratgeb-Schule Neugereut
Weitere Infos zum Vortrag in der JRSN finden Sie unter “Auf Schultournee mit Comics gegen Rechts”.